Gelesene Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München 2021
Wieder einmal ein Prix-Goncourt-Buch: Wie später ihre Kinder von Nicolas Mathieu.
Der Roman erzählt in Zweijahressprüngen, von 1992 bis 1998, vom Erwachsenwerden in der von Arbeitslosigkeit geprägten französischen Provinz. Von Anthony, der ein hängendes Augenlid und einen alkoholkranken Vater hat. Von Hacine, der klaut, mit Drogen dealt und in ein aussichtloses Arbeitsleben geprügelt wird. Von Steph, die sich in den falschen Jungen verliebt und sich aus Kleinstadtfrust bis in eine Eliteuniversität lernt. Von Hoffnungen, geplatzten Träumen, Sehnsucht nach Sex und einem anderen Leben.
Bezeichnend finde ich eine Textstelle auf Seite 31: „Am Horizont leuchtete der Himmel in völlig übertriebenen Farben. Wie berauscht ließ er das Lenkrad los und breitete die Arme aus. Sein Shirt flatterte im Fahrtwind. Für einen Augenblick schloss er die Augen, der Wind pfiff ihm in den Ohren. Und so fuhr er dieser ausgestorbenen, seltsam wackligen Stadt entgegen, die sich den Hang hinunter bis unter eine Autobahn erstreckte, mit einem Schaudern, zum Verrecken jung.“ Klingt nach Freiheit, ist aber vielleicht ein vorgezeichneter Weg.
Wie später ihre Kinder von Nicolas Mathieu ist eine beklemmende Lektüre. Trotzdem oder gerade deshalb: Grün.
Mai 2021