„Der lombardische Kurier“ von Giorgio Scerbanenco

Gelesene Ausgabe: Folio Verlag, Wien-Bozen 2019

Gute Bücher sind nicht unbedingt schöne Bücher. Definitiv nicht schön sind die von Giorgio Scerbanenco geschriebenen vier Kriminalromane um den Ermittler Duca Lamberti, die in den 1960ern erstmals erschienen sind.

Ich habe gezögert, welchen der vier Bände ich hier herausgreifen soll. Entschieden habe ich mich für Der lombardische Kurier, in dem es um die Aufklärung eines grausamen Sexualverbrechens geht. Es zeigt am deutlichsten, dass die Lamberti-Romane keine nette Krimi-„Unterhaltung“ sind.

Hier gibt es keine sympathischen Helden, die dem Verbrechen feinsinnig denkend auf die Spur kommen oder den Täter auf die amerikanische Art mit vollem Körpereinsatz zur Strecke bringen. Hier treibt kein hochintelligenter Psychopath sein Thriller-Spiel zugunsten des Nervenkitzels der Leserschaft. Hier geht es um das Böse, das immer da ist und immer da sein wird. Das Böse, das der Dummheit, der Egozentrik, der Macht- oder Habgier entspringt. Scerbanenco erzählt klar, geradlinig und fesselnd bis zum Schluss. Katharsis? Fehlanzeige! Die Lektüre reinigt nicht, sie schmerzt. Was nach dem Zuklappen bleibt, sind Erschütterung, Betroffenheit und das Gefühl, etwas für das Leben Relevantes erfahren zu haben. Grün.

Juli 2020