Gelesene Ausgabe: S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt 2021
Der Prosa von Judith Hermann ist eine gewisse Melancholie eigen. Sie findet sich als Grundschwingen auch in ihrem Roman Daheim und harmoniert hier bestens mit dem Ort der Handlung, der norddeutschen Küste.
Daheim erzählt die Geschichte einer nicht mehr jungen Frau, die sich nach dem Weggang ihrer erwachsen gewordenen Tochter von ihrem Lebenspartner trennt. Sie zieht in die Nähe ihres Bruders, arbeitet in dessen Kneipe und mietet sich ein am Deichpolder gelegenes Haus. Aufgebrochen, aber noch nicht angekommen, lebt die namenlose Protagonisten in einer Art Zwischenwelt, lernt Menschen und Landschaft kennen.
Offene Haustüren und zugeklappte Marderfallen spiegeln ihre Hin- und Hergerissenheit zwischen Freiheit und Gebundensein – auch mit Blick auf ihre eigene Persönlichkeit: „… und ich staune darüber, dass ich tatsächlich immer noch glaube, entscheiden zu können, wer ich sein will und sein könnte“ (S. 116).
Trotz manchmal bestürzender Schilderungen ist Hermanns Roman auf durchaus wohltuende Weise ein klein wenig langweilig. Wer die Deichlandschaft kennt, weiß, was ich meine. Alles in allem ein ins Gelbe tendierendes Noch-Grün.
September 2021