Gelesene Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, Verlagsgruppe Random House, München 2020
Der Autor Takis Würger hat eine irgendwie oldschoolmäßige Art, Bücher zu schreiben: Er hat tatsächlich etwas zu erzählen.
In Stella, nach Der Club sein zweiter Roman, geht es um eine junge jüdische Frau namens Stella Goldschlag. Sie kollaboriert in den 1940ern mit den Nazis, um sich und ihre Familie vor der Deportation in ein Konzentrationslager zu retten. Das ist tatsächlich so passiert und wird im Roman über Auszüge aus Gerichtsakten dokumentiert. Erzähler ist ein fiktiver junger Schweizer, der sich bei einem Berlinaufenthalt in diese Stella verliebt.
Und jetzt kommt mein Problem: Der ersten Hälfte des Romans fehlt jede Tiefe, sie plätschert oberflächlich dahin. Diese leichte Bekömmlichkeit ist dem hochbrisanten Thema nicht angemessen. An dieser Stelle ein warnendes Rot. In der zweiten Romanhälfte gewinnt „Stella“ an Vielschichtigkeit, Spannung und Glaubwürdigkeit. Wie Würger Situation, Zwiespalt und Taten der Protagonisten schildert, ist aufwühlend und – klares Grün – lesenswert.
Warum diese unterschiedlichen Erzählqualitäten? Unterm Strich bleibt ein nachhaltig irritiertes Gelb.
November 2020