Gelesene Ausgabe: Ullstein Taschenbuch, Berlin 2018
Anfangs war ich von dem Buch Ein Gentleman in Moskau des US-amerikanischen Autors Amor Towles irritiert. Obwohl es kurz nach der Oktoberrevolution im Russland des Jahres 1922 beginnt und von der gewaltsamen Machtübernahme der Bolschewiken sowie den oft menschenverachtenden Repressalien in der jungen Sowjetrepublik handelt, befand ich mich offensichtlich in einem reinen Unterhaltungsroman.
Amor Towles erzählt darin mit außerordentlicher sprachlicher Gewandtheit vom Grafen Alexander Rostov, der zu lebenslangem Hausarrest im Moskauer Hotel Metropol verurteilt wird. Über die Jahrzehnte begegnet er dort unterschiedlichsten Menschen, macht sich Freunde und Feinde, muss sich anpassen und bleibt sich doch in regelrecht schalkhafter Gelassenheit treu.
Irgendwann habe ich mich entschlossen, Ein Gentleman in Moskau als eine Art „Wunschroman“ zu verstehen. Als ein elegant geschriebenes, melancholisch-heiteres Märchen darüber, wie man mit Würde in einer Diktatur überleben kann. Gelb.
März 2025