„Dein Gesicht morgen“ von Javier Marías

Band 1: Fieber und Lanze; Band 2: Tanz und Traum; Band 3: Gift und Schatten und Abschied

Gelesene Ausgaben, Klett-Cotta, Stuttgart, Band 1, 2004; Band 2, 2006; Band 3, 2010

Große Literatur ist ein großes Wort. Doch für mich ist diese Roman-Trilogie Dein Gesicht morgen von Javier Marías genau das. Eine Symbiose aus Erzähl- und Sprachkunst, die einen wie ein Sog in das Leben des Protagonisten Jaime beziehungsweise Jacobo Deza sowie in die Welt des britischen Geheimdienstes zieht.

Deza führt zwei Leben, eines als Ehemann und Vater in Madrid, eines als Mitarbeiter des MI6 in London. Ein Blutfleck auf dem Parkett wird zum Ausgangspunkt für eine Geschichte, eine Existenz, in der es keine Gewissheiten mehr gibt. Eine Mischung aus philosophischer Reflexion, Menschlichkeit, Melancholie und Geheimnis schafft die in meinen Augen für alle Marías-Romane typische Stimmung.

Die Romanfigur Peter Wheeler, Dezas ehemaliger Mentor in Oxford, sagt gegen Ende der Trilogie: „So ist es Jacobo, man sollte niemals etwas erzählen […] Möglicherweise wäre es mir lieber, wenn du schwiegest, das kann gut sein. Doch gleichzeitig beruhigt es mich zu denken, daß durch dich meine Geschichte noch […] schweben könnte. Und es ist wirklich nicht mehr als das, Jacobo: nur schweben.“ (Band 3, S. 703 und S. 704). Besser kann man es nicht ausdrücken. Grün. Grün. Grün.

August 2020