Gelesene Ausgabe: Carl Hanser Verlag, München 2022
Der Roman Die Nächte der Pest ist ein echter Orhan Pamuk. Fabulierlust und Fantasie treffen auf eine Fülle historischer Fakten und Überlieferungen, die meisterhaft zu einer anspielungsreichen Geschichte mit regelrecht märchenhaften Zügen verwoben werden. Den Nobelpreis der Literatur hat Orhan Pamuk 2006 nicht umsonst erhalten.
In Die Nächte der Pest geht es um einen Pestausbruch auf der osmanischen Insel Minger im Jahr 1901. Er entzweit die dort lebenden Muslime und Christen – sei es bei den Maßnahmen zur Krankheitsbekämpfung, bei Quarantänemaßnahmen oder bei Geschäftsschließungen. Politische Machtspiele, Glaube und Medizin, Tradition und Moderne treffen aufeinander. Drumherum ranken sich zwei Liebesgeschichten.
Nicht selten wähnt man sich – statt in Pamuks doch sehr langem Roman – 120 Jahre später mitten in der Coronapandemie. Das Buch kommt also genau zur rechten Zeit, aber eben auch zur unrechten: Nach zwei Jahren Pandemie ist mir das irgendwie zu viel. Gelb.
Mai 2022