Gelesene Ausgabe: dtv, München 2018
Was für ein interessantes Buch: Schattenlinie von Joseph Conrad. Ein Seefahrer-Roman, der erstmals 1917 erschienen ist.
Er handelt von einem jungen Seemann, der, sei es aus Eingebung oder aus Zufall, in einem fernöstlichen Hafen spontan abheuert. „Und all das ließ ich plötzlich fahren. Ich ließ es fahren in jener für uns so widersinnig wirkenden Weise, mit der ein Vogel von einem gemütlichen Zweig abschwirrt. Es war, als hätte ich, ganz unbewusst, ein Flüstern vernommen oder irgendetwas gesehen. Na ja – so ungefähr!“ (S. 14).
Kurze Zeit später wird ihm unverhofft ein Kapitänsposten angetragen und es folgt eine spannende Reise, auf der er sich selbst und die Welt auf ungeahnte Weise kennenlernt. Die Geschichte liest sich wie eine Parabel auf das Abenteuer Leben. Man trägt Verantwortung dafür, auch wenn man nicht immer Herr/Frau der Lage ist und sich nicht alles, was geschieht, erklären kann.
Dieses Unerklärliche abergläubisch überirdischen Kräften zuzuschreiben, lehnt Conrad ab. In seinem Nachwort schreibt er dazu: „Diese Tatsache ist ein Element der Geschichte, aber daran ist nichts Übernatürliches, nichts, das sozusagen jenseits der Grenzen unserer Welt läge, die doch wahrlich genug Geheimnisse und Schrecken birgt“ (S. 184). Lohnt sich. Grün.
Oktober 2020